Mensch im Mittelpunkt. Sozial.

Ich bin ein Sozialfall. Oder ein sozialer Fall. Links und nett, halt… Also immer schön lächeln, gute Miene zum bösen Spiel, ausgeraubtes Sterntaler. Oder doch nicht?

Nein, nett und empathisch sein heisst nicht, dass wir nun ab sofort das Strafgesetz ausser Kraft setzen sollten. Sozial zu sein heisst für mich, in jedem Menschen etwas zu vermuten, was diese Welt besser macht – so wie ich auch selber versuche, mein Bestes zu geben. Und aufgrund dieser Vermutung möchte ich jedem Menschen auf Augenhöhe begegnen und das herausspüren, was ihn so besonders macht. Als ich noch in der Psychiatrie gearbeitet habe, hatte ich vor allem mit dem ärmeren Teil der Bevölkerung zu tun. Denn psychisch kranke Menschen sind oft von Sozialhilfe abhängig, aber leider macht auch Sozialhilfe psychisch krank. So begegnet man dort oft verzweifelten Geschichten von Menschen am Rande der Gesellschaft. Wenn man diesen Menschen zuhört, wenn sie einem in ihre Welt hineinlassen – die sie meist zuerst einmal verbarrikadiert haben, weil sie keine Randalierer reinlassen wollen – dann bleibt ein Gefühl des Staunens und der Bewunderung. Was Menschen am Rande der Gesellschaft schon erlebt haben, ist teilweise fast nicht zu ertragen. Und dass sie überlebt haben, dass sie mit aller übrig gebliebenen Kraft versuchen, ihr Leben zusammenzuhalten, entspricht manchmal einer fast übermenschlichen Fähigkeit.
Ich bin der Meinung, dass wir für eine lebenswerte Welt alle Menschen mit ihren besten Fähigkeiten brauchen. Und um diese geprüften Seelen in der Gesellschaft behalten zu können, müssen wir ihre Existenz sichern. Das dient am Schluss uns allen, denn wir können viel lernen von ihnen.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass es Leute gibt, die absichtlich die Augen verschliessen in der Politik. Nein, wir haben nicht selber alles im Griff. Nur weil wir ein Fitnessabo haben, (selbst wenn wir es regelmässig brauchen) können wir nicht einen Herzinfarkt verhindern. Gegen Schicksalsschläge kann man sich teilweise versichern, aber das Trauma geht mit Geld nicht weg. Und genug Traumata brechen am Schluss jeden Menschen. Dem kategorische Imperativ von Kant: „Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!“ muss man heutzutage leider anfügen: und gehe davon aus, dass jeder Schicksalsschlag auch dich treffen kann.
Für mich bedeutet soziale Politik etwas ganz einfaches: die starken Schultern müssen mehr für die Gemeinschaft beisteuern, sie müssen die Schwachen tragen. Das ist wie in der Familie: es verdienen nicht alle gleich viel Lohn, dennoch teilt man sich den Lebensstandard gleichmässig oder nach den entsprechenden Bedürfnissen auf. Man fragt nicht, ob die Kinder das verdient haben. Sie gehören ganz einfach dazu. Und dafür sorgen sie auf ihre Art für Ausgleich.